Antrag auf Streuobstumwandlung – Darlegung des öffentlichen Interesses und naturschutzfachliche Bewertung des Streuobstbestandes

Neben dem Bebauungsplanverfahren „Ober-Hardrain“ ist auch ein Antrag auf Streuobstumwandlung erforderlich. Eine Umwandlung von Streuobstbeständen über 1.500 m² kann nur mit Genehmigung erfolgen und ist, vorrangig durch Neupflanzungen, auszugleichen.

Auch innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „Ober-Hardrain“ befinden sich gesetzlich geschützte Streuobstbestände, sodass hierfür ein Antrag auf Genehmigung zur Streuobstumwandlung bei der unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Rastatt einzureichen ist. In dem Antrag muss dargelegt werden, inwieweit ein öffentliches Interesse an der Streuobstumwandlung das öffentliche Interesse am Erhalt des Streuobstbestandes überwiegt und ob Alternativen zur aktuellen Planung mit geringeren bzw. keinen Eingriffen in einen Streuobstbestand auf dem Gemeindegebiet bestehen.
Der Antrag auf Streuobstumwandlung ist ein separates Verfahren neben dem Bebauungsplanverfahren „Ober-Hardrain“. Allerdings ist dieser Antrag hinsichtlich des erforderlichen Ausgleichs nicht ohne Bezug auf den Bebauungsplan sowie die geplante Bebauung möglich. Die Genehmigung zur Umwandlung des Streuobstbestandes muss außerdem vor Satzungsbeschluss des Bebauungsplans „Ober-Hardrain“ vorliegen.
Diese Regelungen nach dem Naturschutzgesetz sowie das damit verbundene Verfahren sind neu. Daher fanden im Vorfeld bereits mehrere Abstimmungsgespräche mit dem Landratsamt Rastatt statt. Dabei wurde vereinbart, dass der Antrag auf Streuobstumwandlung in einem mehrstufigen Verfahren erwirkt wird.
Erster Schritt war zunächst die Darlegung des öffentlichen Interesses der Stadt Kuppenheim an der Notwendigkeit der Streuobstumwandlung. Ergänzend wurde aus Sicht der Wirtschaftsförderung und Regionalentwicklung des Landkreises Rastatt eine Stellungnahme erarbeitet. Aber auch der Regionalverband Mittlerer Oberrhein sowie das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg haben ein hohes Interesse an der Ansiedlung des Unternehmens kommuniziert.Neben der Darlegung des öffentlichen Interesses ist eine gutachterliche Bewertung des Streuobstbestandes im gesamten Bebauungsplangebiet „Ober-Hardrain“ erforderlich. Hierfür wurde das Büro WALD + CORBE Consulting GmbH beauftragt. Die gutachterliche Bewertung beschreibt den Zustand, die Wertigkeit und die Funktion der im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Ober-Hardrain“ liegenden Streuobstbäume für den Naturhaushalt. Außerdem werden Vorschläge zur Ermittlung des Ausgleichsumfangs im Zuge der erforderlichen Streuobstumwandlung gegeben.
Auf Grundlage dieser Bewertung aller im Plangebiet vorhandenen Obstbäume sowie unter Heranziehung der artenschutzfachlichen Erkenntnisse, kommt dem Streuobstbestand im Bebauungsplangebiet „Ober-Hardrain“ insgesamt eine mittlere bis hohe naturschutzfachliche Bedeutung zu. Für die insgesamt 201 erfassten Obstbäume ergibt sich auf Grundlage der Bewertungsmatrix sowie der Gesamtbewertung ein Ausgleichsumfang von 368 Bäumen. Dies entspricht einem durchschnittlichen Ausgleichsfaktor von 1,8 pro Baum. Darüber hinaus werden im Artenschutzgutachten zum Bebauungsplan Maßnahmen aufgeführt, die einen adäquaten Ausgleich des Lebensraumverlustes ermöglichen. Um beispielsweise die essenziellen Jagdhabitate für Fledermäuse auszugleichen, geht das Artenschutzgutachten über den erforderlichen Ausgleichsbedarf für die Streuobstumwandlung hinaus. Als artenschutzrechtlich wirksamer Ausgleich wird gefordert, dass die von der Fällung betroffenen Obstbäume in doppelter Anzahl durch die Anlage von Streuobstwiesen mit hochstämmigen Obstbäumen ersetzt werden, da nur durch die verhältnismäßige Überkompensation, dem erheblichen Zeitbedarf für die Entwicklung geeigneter Ersatz-Jagdlebensräume und damit der Verfügbarkeit von Insektenmasse (Nahrungsmitteln) Rechnung getragen werden kann. Somit erhöht sich nach aktuellem Stand der Ausgleichsumfang von 368 auf insgesamt 402 hochstämmige Obstbäume. Hier sind insbesondere hochstämmige Apfel- und Birnbäume neu zu pflanzen.
Aktuell werden im Bebauungsplanentwurf bereits erhaltenswerte Baumstandorte festgesetzt. Im weiteren Verfahren sollen weitere Baumstandorte, insbesondere im Randbereich, hinzukommen. Hierbei ist es von besonderer Bedeutung, dass zusammenhängende Streuobstflächen möglichst erhalten bleiben können.
Des Weiteren ist für die Einreichung des vollständigen Antrags ein detailliertes Vermeidungs- und Ausgleichskonzept für die Streuobstumwandlung zu erstellen. Folglich müssen im näheren und weiteren Umfeld des Plangebietes konkrete Flächen für die Pflanzung der Obstbäume festgelegt und entsprechend kartiert werden. Die Verwaltung befindet sich hinsichtlich geeigneter Flächen bereits in der Untersuchung und Abstimmung.
Die Verwaltung ist hinsichtlich des einzureichenden förmlichen Antrags auf Streuobstumwandlung im engen Austausch mit der unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Rastatt. Zum aktuellen Zeitpunkt kann noch nicht eingeschätzt werden, wann der vollständige Antrag zur Darlegung des öffentlichen Interesses, der artenschutzrechtlichen Bewertung sowie ein Vermeidungs- und Ausgleichskonzept eingereicht werden kann. Die naturschutzfachliche Bewertung wird im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung ebenso Bestandteil der Gutachten sein. Somit können sich im weiteren Verfahren noch Änderungen oder Ergänzungen ergeben. Angestrebt ist die Einreichung des Antrags jedoch spätestens zum Zeitpunkt der förmlichen Beteiligung. Im Vorfeld soll außerdem im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung ein Gesprächstermin mit der Landesgeschäftsstelle des NABU Baden-Württemberg stattfinden.
Der Gemeinderat nahm die Ausführungen zur Streuobstumwandlung zur Kenntnis.

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