Rückblick auf die Gemeinderatssitzung der Stadt Kuppenheim vom 16.10.2023 - Teil 1

Wie sieht die Zukunft des Hallenfreibades Cuppamare aus?

Diese Frage beschäftigt nicht nur den Gemeinderat und die Stadtverwaltung, sondern auch die Kuppenheimer Bevölkerung. Es ist ein sehr wichtiges, aber auch zugleich emotionales Thema, da das Familienbad seit 1978 eine feste Institution in Kuppenheim und in der Region ist.
Der Gemeinderat wird sich in den kommenden Monaten mit dieser Frage auseinandersetzen. Im Zuge dieses Prozesses ist eine transparente und intensive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vorgesehen. Eine erste umfassende Information erfolgte am Montagabend. Die Ergebnisse des vom Gemeinderat beauftragten Sanierungsgutachtens einschließlich der Gutachten zu Heizung, Lüftung, Sanitär, Statik und Brandschutz wurden ausführlich von den beauftragten Gutachtern vorgestellt.

Finanzielle Rahmendaten
In den vergangenen Jahrzehnten wurden erhebliche Mittel in den Unterhalt und den Betrieb des Hallenfreibades Cuppamare investiert. Es ist bekannt, dass im Hallenfreibad Cuppamare ein erheblicher Sanierungsbedarf besteht, trotz zahlreicher Sanierungsmaßnahmen sowohl in der Technik, als auch in den Außenanlagen. Bei dem Großschadensereignis durch Orkan Lothar im Jahr 1999 wurde lediglich die Gebäudehülle ersetzt. Aber nicht nur die Gebäudehülle, sondern das gesamte Bad entspricht bei weitem nicht den heutigen energetischen Anforderungen. Über den Sanierungsbedarf sowie die jährlich steigenden Betriebskosten wurde regelmäßig berichtet.
In den vergangenen Jahren wurde bei Instandhaltungsmaßnahmen immer wieder festgestellt, dass zwar punktuell Sanierungen im Technikbereich sowie Sanierungen in Becken und Außenbereich durchgeführt werden können, jedoch jeder Eingriff in die Bausubstanz zahlreiche Folgeprobleme und grundlegende Folgemaßnahmen auslösen würde.
Zwischen 2003 und 2023 sind insgesamt Fehlbeträge von 17,7 Millionen € aufgelaufen. Dies sind im Durchschnitt pro Jahr rd. 843.000 € (Durschnitt 20 Jahre) bzw. 980.970 € (Durchschnitt 10 Jahre). Die Fehlbeträge in den vergangenen 20 Jahren sind kontinuierlich angestiegen. Der Fehlbetrag für das Haushaltsjahr 2023 wurde im Haushaltplan mit 1,5 Millionen € veranschlagt.

Auswertung der Fehlbeträge der Jahre 2003 - 2023

Für die kommenden Jahre ist aufgrund höherer Energiekosten, steigender Personalkosten und höhere Kosten im Bauunterhalt von einem Fehlbetrag von 1,7 Mio. € bis 2,0 Mio. € pro Jahr auszugehen. Noch nicht eingerechnet sind die bereits heute bekannten Risiken für die betrieblich notwendigen Sanierungen des Daches und in der Filtertechnik.
Hier einige prägnante Zahlen:

  • Personalkosten für 2023 von rd. 618.000 € - trotz optimierten Personaleinsatzes und schlanken Steuerung stetige Personalkostensteigerung - jährlich erhebliche Anstrengungen erforderlich, um betrieblich notwendiges Personal zu gewinnen
  • Kosten für Gebäudeunterhalt seit 2003 von rd. 2,5 Mio. €
  • Zusätzlich Investition in die Badsubstanz oder Attraktivitätssteigerungen seit 2003 von rd. 3,716 Mio. € (u. a. Neubau einer Ganzjahresgroßwasserrutsche, Neubau einer Außensauna mit Neugestaltung der Saunalandschaft im Hallenbad, Einbau einer neuen Filteranlage zur Wasseraufbereitung, Einbau und Betrieb von Blockheizkraftwerken etc.)

Erfreulicherweise haben sich in 2023 erstmals die Stadt Rastatt sowie die Gemeinden Bischweier, Malsch und Muggensturm bereiterklärt, einen zeitlich begrenzten Zuschuss (Stadt Rastatt zunächst 2 Jahre) von insgesamt rd. 200.000 € zum Betriebsdefizit zu leisten.
Der Landkreis Rastatt sowie alle anderen Kommunen im Landkreis haben eine finanzielle Beteiligung an den Betriebskosten generell abgelehnt. Eine Beteiligung an möglichen Sanierungskosten ist von keiner Kommune im Landkreis Rastatt zu erwarten.
In der Sitzung wurden auch Details zu den wirtschaftlichen Rahmendaten auch im Kontext zum Gesamthaushalt der Stadt Kuppenheim vorgestellt und erläutert. Die Präsentation ist im Ratsinformationssystem der Stadt Kuppenheim unter dem Sitzungsdatum abrufbar.

Besucherzahlen
Bürgermeister Mußler führte aus, dass seit 2010 die jährlichen Gesamtbesucherzahlen um über 30% zurückgegangen sind.

Anzumerken ist, dass der Rückgang im Sommer mit über 45% deutlich höher ausfällt, als der Rückgang im Winter mit rd. 20%.
Ein ebenso deutlicher Rückgang der Besucherzahlen ist in der Sauna festzustellen:

Aktuell besuchen Schülerinnen und Schüler aus 17 Schulen, davon 2 Schulen aus Kuppenheim, das Cuppamare. Die Stadt Rastatt plant die Eröffnung des neuen Kombibades in 2027/2028. Danach werden 12 Schulen aus Rastatt mit rd.4.500 Besuchern pro /Schuljahr als zahlende Nutzer wegfallen.
Derzeit belegen 6 Vereine, darunter 2 Kuppenheimer Vereine, das Cuppamare. Auch hier steht fest, dass bei Eröffnung des Kombibades in Rastatt der RTV und das DLRG Rastatt nicht mehr das Cuppamare belegen werden. Damit entfallen hier rd. 5.000 zahlende Nutzer pro Jahr.
Durchschnittlich nehmen aktuell 423 Kinder und 8 Erwachsene an den Schwimmkursen der privaten Schwimmschule teil. Davon kommen ca. 22 % aus Kuppenheim.

Sanierungsbedarf und Handlungsoptionen laut Gutachter
Vor diesem Hintergrund hat der Gemeinderat die Verwaltung beauftragt, eine Sanierungsstudie zur Sanierung des Hallenfreibades Cuppamare einschließlich notwendiger Fachplanerleistungen mit Heizung, Lüftung, Statik und Sanitär sowie Brandschutz über ein geeignetes Büro erstellen zu lassen. Ende Dezember 2022 wurde der Auftrag zur Erstellung einer Sanierungsstudie an das Büro Schick GmbH, Karlsruhe, erteilt.
Neben einer Sanierung des Bestandes wurden als weitere Varianten die Sanierung Hallenbad mit Rückbau Freibad, die Sanierung Freibad mit Rückbau Hallenbad, sowie der Neubau eines Hallenbades ohne und inklusive Freibad näher untersucht.
Die Sanierungsstudie kommt zum Ergebnis, dass von einer Sanierung des Bestandes dringend abgeraten wird und die Sanierungsfähigkeit des Bestandes als aufwendig bis nicht sanierbar eingeschätzt wird. Über das übliche Maß der jährlichen Instandsetzungsarbeiten hinaus, sind Dach, Fassade, Tragwerk, Beckenanlagen Freibad und Hallenbad, Beckenumgänge Freibad und Hallenbad, Stahlbetonteile, Filteranlage, technische Geräte und Teile der Rutschenanlage beschädigt und wären zu sanieren. Darüber hinaus fehlen aufgrund neuer und bestehender Richtlinien und Normen Räumlichkeiten für Umkleiden, Personal, Sanitätsräume und Geräte. Auch wird der Technikbereich als zu klein bewertet.

Offener Lagerbereich Chemikalien
Bauwerksuntersuchung - Zustand Beckenumgang Hallenbad

Sehr kritisch ist das Ergebnis des Brandschutzgutachtens. Der Brandschutzgutachter hat erhebliche Mängel angezeigt und vorgeschlagen, diese mit der Brandschutzbehörde zu besprechen. Aus diesem Grund wurde mit der Baurechtsbehörde im September 2023 eine Begehung durchgeführt. Die Verwaltung und das Cuppamare-Team konnten die kurzfristig zu behebenden Mängel bis zur Eröffnung der Wintersaison am 02.10.2023 beseitigen. Weitere Maßnahmen sind noch im Laufe der Wintersaison 2023/24 umzusetzen. Fest steht jedoch, dass wesentliche mittel- und langfristigen Forderungen der Brandschutzbehörde, mit einer Ausführungsfrist von ca. 4 Jahren, nur im Zuge einer Generalsanierung beseitigt werden können.
Insgesamt kommt die Sanierungsstudie auf Gesamtkosten für eine Sanierung im Bestand von rund 26,4 Millionen Euro netto. Der Sanierungsgutachter rät von einer Sanierung im Bestand dringend ab, da selbst nach einer Sanierung das Gebäude nicht in einem zeitgemäßen energetischen Zustand wäre und in kürzeren Zeitabständen weitere Sanierungen erforderlich sind. Der Gutachter weist ausdrücklich auf die bestehenden Unsicherheiten bei einer Sanierung im Bestand hin. Insbesondere die Kosten für Schadstoffe sind schwer einzuschätzen.
Die Verwaltung schließt sich der Auffassung des Gutachters an und rät dringend von einer Sanierung des Cuppamare im Bestand ab. Bei der Entscheidungsfindung sind neben den Investitionskosten vor allem die Betriebskosten zu betrachten.
Die mit erheblichen Unsicherheiten behafteten immensen Sanierungskosten und die auch nach einer Sanierung jährlich zu tragenden Betriebskosten von über 2,0 Millionen € sind nach Auffassung der Verwaltung für den städtischen Haushalt auf Dauer nicht tragbar.
Auch im Falle eines Neubaus des Hallenbades ohne oder mit Freibad würden sich die Gesamtkosten (Stand heute) einschließlich Abbruch auf rd. 22,4 Millionen bzw. 26,4 Millionen € belaufen. Auch diese Investition und die daraus resultierenden jährlichen Betriebskosten von über 2,0 Millionen € hält die Verwaltung für wirtschaftlich nicht tragbar.
Es ist absehbar, dass die gesamte notwendige Investition auch unter Berücksichtigung möglicher Fördermittel - die nur sehr eingeschränkt bestehen - nicht aus Eigenmitteln des städtischen Haushalts geleistet werden könnte. Bei einem angenommenen Kreditbedarf in Höhe von 25 Millionen € mit einer Laufzeit von 20 Jahren, einem Zinssatz von 4,0 % und einer Restschuld von 0 € hätte der städtische Haushalt für die kommenden 20 Jahre eine zusätzliche jährliche Belastung für Zins und Tilgung in Höhe von rd. 1,82 Millionen € zu tragen. Hinzu kommen die nach dem Haushaltsrecht zu erwirtschaftenden Abschreibungen in Höhe von 500.000 €. Im Sinne einer generationengerechten Haushaltsführung wäre aus Sicht der Verwaltung diese Belastung zukünftiger Generationen nicht zu vertreten.
Beim Betrieb eines Schwimmbades handelt es sich um eine freiwillige kommunale Aufgabe und zum Ausgleich der Betriebskosten aufgrund fehlender weiterer signifikanter Einnahmemöglichkeiten werden Steuererhöhungen nicht zu umgehen sein. Es bliebe nur der Weg einer Erhöhung der Grund- und/oder Gewerbesteuer. Somit würden auch zukünftig die Kuppenheimer Bürgerinnen und Bürger eine öffentliche Einrichtung finanzieren, die überwiegend von Nachbarkommunen genutzt wird.
Angemerkt wird auch, dass der weitere Anstieg der kommunalen Pflichtausgaben wie Klimaschutzmaßnahmen, Flüchtlingsunterbringung, Ganztagsbetreuung Schulen und Kindertagesstätten bereits heute feststeht und hierdurch die Kommunen weiter erheblich belastet werden.

Produktbereich „Hallenfreibad“ weist nach dem Produktbereich „Kindergärten“ das größte absolute Defizit im Kommunalhaushalt aus

Weitere Vorgehensweise
Die Verwaltung schlug dem Gemeinderat vor, begleitend zum weiteren transparenten Entscheidungsfindungsprozess eine umfassende Bürgerinformation und eine Bürgerbeteiligung durchzuführen. Als erster Schritt wurde einer Begehung des Cuppamare für Gemeinderat und Öffentlichkeit zugestimmt. Damit können sich Interessierte selbst ein Bild vor Ort machen.
Im Weiteren soll das Thema „Zukunft Cuppamare“ in einer Bürgerversammlung vorgestellt und erörtert werden. Nach der Bürgerversammlung sollen dann die weiteren Schritte zur Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger durch den Gemeinderat festgelegt werden.
Der Gemeinderat wird sich im Rahmen der jährlichen Klausurtagung (Haushaltsberatungen) intensiv mit dem Thema Zukunft des Cuppamare auseinandersetzen.

Welche Alternativen bestehen?
Der Gutachter hat folgende Varianten untersucht:

Gegenüberstellung der Varianten 1-4

Die sogenannte „Null-Variante“ (Schließung, kein Schwimmangebot in Kuppenheim) wäre rein aus finanzieller Sicht die attraktivste Option, da dann lediglich die Abbruchkosten anfallen würden und keine weiteren Betriebskosten getragen werden müssten. Die eingesparten Mittel könnten in anderen Bereichen wie Kinder- und Jugend- oder Seniorenarbeit eingesetzt werden und es entstünden Potentiale zur Nutzung der freien Flächen.
Über die „Null-Variante“ und die vom Gutachter vorgeschlagenen Varianten 1-4 hinaus sollen jedoch aus Sicht der Verwaltung vor einer endgültigen Beschlussfassung zur Zukunft des Cuppamare, weitere Optionen hinsichtlich des Schwimmangebotes in Kuppenheim geprüft werden. Dies könnten u. a. sein:

  • Neubau eines reinen Lehrschwimmbeckens an einem der beiden Schulstandorte Favoriteschule oder Werner-von-Siemens-Realschule
  • Umbau des bestehenden Hallenfreibades Cuppamare in ein ökologisches Freibad

Gegebenenfalls werden weitere Vorschläge im Rahmen der Beratungen durch den Gemeinderat oder in der Bürgerversammlung genannt, die dann nach Zustimmung durch den Gemeinderat weiter geprüft werden sollten.
Jede mögliche Option sollte jedoch aus Transparenzgründen auch mit einem „Preisschild“ vor allem der künftigen Betriebskosten versehen werden.

Beschlussfassung im Gemeinderat
Zunächst nahm der Gemeinderat die Ergebnisse der Sanierungsstudie zum Hallenfreibad Cuppamare sowie die wirtschaftlichen und technischen Risiken zur Option „Sanierung des Cuppamare im Bestand“ zur Kenntnis. Der Gemeinderat sprach sich für den Vorschlag einer Besichtigung aus und beauftragte die Verwaltung, eine Führung im Cuppamare für die Gemeinderäte sowie die Öffentlichkeit zu organisieren. Ebenso wurde die Verwaltung beauftragt, die weiteren von der Verwaltung aufgezeigten Handlungsoptionen Lehrschwimmbecken und ökologisches Freibad zu prüfen und eine Bürgerversammlung zum Thema „Zukunft Cuppamare“ durchzuführen. Die vollumfängliche Sanierungsstudie kann über einen Link im Ratsinformationssystem der Stadt Kuppenheim abgerufen bzw. heruntergeladen werden. Eine Bereitstellung der Daten ist aus technischen Gründen nur bis zum 01.11.2023, 09.00 Uhr, möglich.

Die Berichterstattung zum Thema „Sportzentrum am Cuppamare – Vorstellung der Planungen zu den Tennis- und Leichtathletikanlagen sowie zu den Planungen durch den SV08“ erfolgt in der nächsten Woche (26.10.2023).

Kontakt

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